Geschichtliches:

Der Begriff „Visionssuche“ oder im Englischen „Vision Quest“ leitet sich vom lateinischen „videre“ ab, was so viel wie „sehen, schauen, erkennen“ bedeutet, und geht zurück auf die Wörter „visio“ für „Gesicht“ und „quaerere“ für „suchen, erkennen“.

Im europäischen Mittelalter bezeichnete „Quest“ eine suchende Wanderung oder Wallfahrt ins Unbekannte, eine „heilige Suche“ der Ritter nach spiritueller Erkenntnis.

Die heutige Form der Visionssuche ist jedoch tief verwurzelt in den Traditionen der nordamerikanischen Prärieindianer, insbesondere der Lakota-Sioux. Analog zu den australischen Aborigines haben sie diese uralte Praxis der Selbstsuche in der Natur bis in die Gegenwart bewahrt. Bei den Lakota wird die Visionssuche als „Hanblecheya“ bezeichnet, was „Flehen um ein Gesicht“ bedeutet, und wird in den Great Plains des amerikanischen Südwestens durch mehrtägiges, oft sogar wasserfreies Fasten durchgeführt.

Die Bezeichnung der im Zuge der Kolonialisierung vorgefundenen Übergangsrituale als „Vision Quest“ durch christliche Missionare deutet darauf hin, dass sie durch diese Praxis an eigene europäische Traditionen erinnert wurden. Historische Untersuchungen zeigen, dass das einsame Fasten in der Wildnis kein ausschließlich indigenes Ritual ist, sondern global in Übergangszeiten praktiziert wurde.

Auch in Europa existieren zahlreiche Hinweise auf vergleichbare Bräuche. Dies beginnt mit den Legenden rund um den germanischen Gott Odin, umfasst griechische und römische Mythen und führt zu den frühchristlichen Traditionen des Fastens der biblischen „Wüstenväter“ sowie zur Gralssuche des Mittelalters. Viele Märchen, die oft auf uralten, mündlich überlieferten Legenden basieren, verweisen ebenfalls auf einen weit verbreiteten Brauch von Übergangsriten. Häufig geht es in diesen Geschichten darum, dass Personen ihre gewohnte Umgebung hinter sich lassen, allein in den dunklen Wald eintreten, sich dort unbekannten Gefahren und inneren Dämonen stellen, diese mit reinem Herzen überwinden und schließlich verwandelt in ihre Gemeinschaft zurückkehren.

Somit wird klar, dass die Visionssuche nicht lediglich eine „exotische“ Praxis ist, sondern eine moderne Verbindung zu einem uralten Heilungs- und Übergangsprozess unserer Vorfahren darstellt.

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